Schon lange hatte ich die Idee, mir einen richtig tollen Fine-Art-Drucker zu kaufen. Die Entscheidung für den ProGraf Pro-300 bereue ich leider sehr. Ein Erfahrungsbericht.
Dieser Blogbeitrag wurde im September 2024 überarbeitet und ergänzt.
Eigene Fotoausdrucke sind eine wirklich schöne Sache, da man die volle Kontrolle über den Ausdruck des Bildes hat. Ich liebäugelte daher lange mit dem Kauf eines eigenen Fine-Art-Druckers.
Im Dezember 2020 entschied mich nach langen Recherchen für den Kauf des ProGrafs. Der Drucker verfügt über zehn einzelne Tintenbehälter, zwei Einzüge und kann Fotos bis A3 drucken. Das Gerät kostete 750,- Euro. Ein Multipack Tinte kostete weitere knapp 200,-€. Es war also eine echte Investition.
Dass man mit einem eigenen Drucker kein Geld spart, war mir dabei klar. Mir ging es vielmehr um die maximale Flexiblität beim Ausdruck meiner Fotos und darum, Helligkeit, Kontraste und Farben selbst beurteilen und nachjustieren zu können.
An der Druckqualität gab es auch nichts zu bemängeln: In Kombination mit hochwertigem Papier werden die Ausdrucke wirklich toll und es macht Spaß, Drucke selbst produzieren zu können.
Extrem hoher Tintenverbrauch des Pro-300 von Canon
Was mich aber von Anfang an irritierte und zunehmend bestürzte war der extrem hohe Tintenverbrauch. Im Store von Canon findet man die Info, dass die Reichweite der Tintenpatronen sehr unterschiedlich ist. Mit einer Patrone Mattschwarz (MBK) kann man angeblich bis zu 270 Fotos in A3 drucken. Mit einer Patrone Fotoschwarz (PBK) nur ca. 33 Fotos in A3.
Ich kann diese unterschiedlichen Reichweiten nicht bestätigen, aber anyway: Im Schnitt käme man laut Herstellerangaben mit einem Multipack (= zehn Tintentanks à 14ml) auf 101 Fotos in A3. Die Tinte für ein A3-Foto läge damit bei knapp zwei Euro, für ein A6-Foto bei 50 Cent. Diese Werte scheinen nach Aussage des YouTubers "Fotospeed" auch nahezu realistisch zu sein. In seinem Test verbraucht der Drucker für zehn A3-Ausdrucke 16ml Tinte, also etwas mehr als vom Hersteller angegeben.
Verglichen mit professionellen Fotolaboren hört sich das erst einmal gut an. Berücksichtigen muss man aber, dass man mit einem eigenen Drucker auch einigen Ausschuss produziert und dass die Kosten für das Fotopapier und den Drucker ja noch dazu kommen.
Mein Problem mit dem Pro-300: In der Realität schaffe ich mit einer Komplettfüllung Tinte nicht einmal ein Drittel der angegebenen Menge!
Es gab Zeiten, da musste ich bei nahezu jedem Druckvorgang Behälter tauschen, was abgesehen von den Kosten auch einen Zeitfaktor darstellt. (Der Drucker ist insgesamt eher langsam - aber das nur am Rande.)
2021 habe ich über 500,-€ (!) für Tinte ausgegeben, was in keinem Verhältnis zum verbrauchten Fotopapier stand.
Bei einerm Check innerhalb der Garantiezeit wurde der Druckkopf getauscht und der Drucker für "repariert" erklärt.
Am hohen Tintenverbrauch hatte sich aber leider nichts geändert.
Was das eigentliche Problem ist, fand ich - leider zu spät - selbst heraus:
Die Tintenanzeige des Druckers ist defekt.
Die vermeintlich leeren Patronen sind nicht leer, sondern laut meiner Küchenwaage noch zu 70% gefüllt.
Ich entsorge also regelmäßig große Teile der teuren Tinte!
Als ich mich mit dieser Erkenntnis im März 2023 nochmals beim Händler und bei Canon meldete, bekam ich die lapidare Antwort:
Zu schade, jetzt sei die Garantie ja gerade abgelaufen.
Kulanz: Fehlanzeige.
Immerhin bekam ich zahlreiche "tolle" Tipps und Hinweise zum Thema Druck, die ich hier einfach mal weitergeben möchte:
- Ganz oben auf meiner Favoritenliste: Wenn der Tintenbehälter leer ist (Fehler 1698) muss man ihn austauschen. Wer hätte das gedacht.
- Mir wurde außerdem mitgeteilt, dass immer Restmengen im Tintenbehälter verbleiben würden. Das sei kein Fehler, sondern eine "Spezifikation".
Das ist grundsätzlich richtig. Internetrecherchen ergaben, dass diese Restmengen zur Kühlung des Druckkopfes verwendet werden.
Dass die "Restmengen" in meinem Drucker etwa 70% der Füllung ausmachen? Geschenkt. - Die Dame vom Support schrieb mir auch sinngemäß, dass man den Angaben und Werbeversprechen auf der Webseite keinen Glauben schenken dürfe, da die Tintenreichweite im Labor ermittelt würde und in der Realität anders ausfallen könne. Aha.
- Ich bekam weiterhin den Tipp, regelmäßig und ganz viel auf einmal zu drucken und dabei zwischendurch keine Pause zu machen. Anscheinend ist dies das Standardtestverfahren für die Ermittlung der Reichtweite. Dieses Verfahren widerspricht natürlich komplett meiner Anforderung, Drucke zu beurteilen und eventuell neu zu drucken. Davon abgesehen habe ich auch selten Fotos, die ich mehrmals hintereinander ausdrucken möchte ...
In der Werbung verspricht Canon übrigens einen "effizienten [...] Workflow. Immer." und betont, dass "keine Tinte und wertvolles Papier verschwendet werden".
Von "Der Drucker druckt nur effizient, wenn Sie ständig und ohne Unterbrechung drucken" ist da nicht die Rede ... - Dass man Drucker zwar ausschalten, aber nicht vom Strom nehmen soll, wusste ich bereits. Daran kann es also nicht gelegen haben.
In der Kommunikation mit dem Support wurde ansonsten sehr viel relativiert und am Thema vorbei geschrieben.
Mein Vorschlag, eine vermeintlich leere Patrone zu Canon zu schicken, wurde abgelehnt. Dies sei "unnötig", denn es läge ja kein Fehler vor.
Thank you very much.
Zu einem weiteren Entgegenkommen und fachlichen Support ist Canon nicht bereit. Meine Bitte, den Drucker noch einmal kostenlos zu checken (dass der Fehler in der Garantiezeit nicht entdeckt wurde, war ja nicht meine Schuld), wurde ignoriert. Auf meine letzte Mail im Juni 2023 bekam ich keine Antwort mehr.
Deaktivieren der defekten Tintenstandsanzeige des Canon Pro-300
Mir blieb also nur eine letzte - brachiale - Löung auf eigene Verantwortung, die man mir einmal telefonisch vorgeschlagen hatte: Das komplette Deaktivieren der Tintenstandsanzeige durch Drücken der Reset-Taste.
Innerhalb der Garantiezeit sollte man das nicht machen. Bei meinem Gerät war sowieso schon alles egal.
Der "Hack"
Sobald der Support-Code 1698 oder 1699 ("Die Tinte ist aufgebraucht. Ersetzen Sie den Tintenbehälter") erscheint, drücke ich mindestens fünf Sekunden lang die Reset-Taste. Mit etwas Glück kann ich so die Tintenstandsanzeige deaktivieren und trotz Fehlermeldung drucken. An manchen Tagen ist der Drucker aber zickig und ignoriert das Drücken der Taste. Woran das liegt, habe ich noch nicht herausgefunden.
Wenn alles klappt, kann ich den Druckauftrag auch mit den angeblich "leeren" Tintenpatronen starten.
Beispiel
Mit diesem Tintenstand konnte ich die gezeigten Fotos in gewohnter Qualität (auf sehr einfachem Fotopapier zum Testen) auf A4 drucken.
Ein klarer Beweis, dass die Tintenstandsanzeige schlicht und ergreifend defekt ist.
Besonders lustig dabei:
Die Patrone PBK wurde mir schon mal als leer angezeigt. Ich hatte sie luftdicht verschlossen aufbewahrt und später wieder eingesetzt.
Ist das nun die Lösung für die Probleme mit dem Pro-300?
Nein, definitiv nicht!
Da ich durch die Deaktivierung der Anzeige keine Warnung mehr bekomme, wenn Patronen wirklich leer sind, besteht laut Hersteller die Gefahr einer Beschädigung des Druckkopfes.
Ich muss den Tintenstand selbst im Blick behalten, zum Beispiel durch regelmäßiges Schütteln oder Abwiegen.
Auch der Kampf mit der Reset-Taste macht wenig Spaß.
Dazu kommt der Frust über Tinte im Wert von etlichen hundert Euro, die ich in früheren Jahren einfach so entsorgt habe.
Den Betrieb eines teuren Profidruckers hatte ich mir definitiv anders vorgestellt.
Zurück bleibt Ratlosigkeit und sehr große Enttäuschung über die Firma Canon.
Noch eine kleine Anekdote zum Abschluss:
Ich habe vor einiger Zeit mal mit einer EOS R5 von Canon fotografiert und fand sie so toll, dass ich kurzfristig über einen Wechsel zu Canon nachgedacht habe.
Die Erfahrung mit Canon macht mir die Entscheidung, bei Nikon zu bleiben, auf jeden Fall leichter ...